Addition
Addition
Von Geburt an ist es das Ziel eines jeden Kindes sich zu einer individuellen Persönlichkeit zu entwickeln, die in der Lage ist eigenverantwortlich und selbstbestimmt zu handeln und zu leben. Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es auser dem Erlernen von körperlichen Fertigkeiten, wie zum Beispiel dem Laufen, auch kognitive Fähigkeiten zu erwerben. Neben dem Schreiben und Lesen, ist das Rechnen eine ganz wichtige Fertigkeit, die der Mensch braucht, um sein Leben selbstbestimmt in die Hand nehmen zu können, damit er seinen Alltag als Erwachsener eigenverantwortlich bewältigen kann.
Die Addition ist dabei in der Regel die erste der 4 Grundrechenarten, mit der Kinder konfrontiert werden. Inwieweit die Kinder in der Lage sind diese zu erfassen und zu be-greifen, hängt zum einen davon ab, welche genetischen Grundlagen sie mitbringen und zum andern davon, welche mathematischen Erfahrungen sie in den ersten Lebensjahren sammeln konnten. In unserem zunehmend industrialisierten und digitalisierten Alltag ist es jedoch immer schwieriger für die Kinder ein sogenanntes „mathematisches Fundament“ aufzubauen. Ein Grund hierfür ist die zunehmende Bewegungsarmut der Gesellschaft, da aufgrund der digitalen Möglichkeiten viele alltägliche Aufgaben wie Einkaufen, Bankgeschäfte, Behördengänge und ähnliches online schnell und unproblematisch zu erledigen sind, ohne sich dafür zu bewegen. Der zweite Grund ist die wachsende Industrialisierung, die dazu führt, dass die Lebensräume immer weniger Platz bieten um sich frei zu bewegen. Die Folge davon ist, dass für die Kinder die Möglichkeiten sehr begrenzt sind zur freien motorischen Entfaltung und damit zum Entdecken ihrer Umwelt. Das wiederum ist der Grund warum Kinder häufig nur unzureichende oder keine bildlichen /konkreten mathematischen Vorstellungen haben. Deshalb fällt es ihnen schwer zum Beispiel zu erfassen, was „Plusrechnen“ oder Addition bedeutet.
Eine geschriebene Additionsaufgabe an der Tafel oder auf dem Papier ist eine abstrakte Darstellung eines ganz konkreten Handlungsvorgangs. Da aber viele Kinder keine wirklichen „Bilder“ zu den Ziffern und Rechenzeichen in ihrem Kopf haben, ist für sie die schriftliche (abstrakte) Darstellung einer Additionsaufgabe so unverständlich wie ägyptische Hieroglyphen oder chinesische Schriftzeichen. Für sie ist das lediglich eine Ansammlung von „Zeichen“ aus geraden Strichen und Linien mit Rundungen, ohne jegliches Verständnis für deren Bedeutung.
Mit den Montessorimaterialien ist es möglich diesen Handlungsvorgang darstellbar, umsetzbar und sichtbar zu machen. Da es unterschiedliche Materialien zur Visualisierung und Umsetzung der Addition gibt, findet jedes Kind in der Regel ein Material das es anspricht und welches seinen motorischen, als auch kognitiven Fähigkeiten entspricht. Mit allen Materialien ist es dann möglich Addition zu „tun“. Die Handlungsschritte können 1 zu 1 auf die schriftliche Darstellung übertragen werden. Somit bieten die Materialien den Kindern vielfältige Möglichkeiten einen sichtbaren Zugang zu dieser Grundrechenart zu finden.
Das absolut konkrete Material zur Umsetzung der Addition ist das goldene Perlenmaterial, im Original entwickelt von Maria Montessori. Mit dem goldenen Perlenmaterial können die Kinder die Ausdehnung der Zahlen innerhalb der Stellenwerte sowohl optisch, als auch haptisch erfahren. Ebenso den schwer zu erfassenden Zehnerübergang. Dieser kann konkret sichtbar gemacht und dargestellt werden, sodass für die Kinder nachvollziehbar wird, warum zum Beispiel bei der Aufgabe 27 + 36 im Ergebnis 6 Zehner sind, trotzdem 2 + 3 Zehner eigentlich 5 ergeben würden.
Wichtig ist, dass man den Kindern zuerst die Addition nur auf der Handlungsebene vermittelt und sie diese dann solange wiederholen/üben lässt, bis man sicher ist, dass sie die „Bilder“ der Addition abrufbar im Kopf haben. Wenn das der Fall ist, ist der nächste Schritt eine Verknüpfung der Handlung mit der schriftlichen Umsetzung. Diese gelingt am besten indem man jeden Handgriff parallel zur Materialarbeit schriftlich notiert. Die Kinder arbeiten dann vielfach eine Weile völlig parallel Schritt für Schritt mit dem Material und notieren was sie gerade getan haben. Bei dieser Arbeit darf sie niemand drängen, sondern es ist Aufgabe der Pädagogen den Kindern die Zeit zu lassen, die sie für diese parallele Tätigkeit brauchen. Die Kinder kommen ganz von alleine mit dem Wunsch es nur noch schriftlich ohne das Material umsetzen zu wollen. Das Zeitfenster dafür wiederum ist sehr abhängig von den Fähigkeiten die jedes Kind mitbringt. Aus diesem Grunde ist es ganz wichtig jedem Kind die Zeit zu lassen die es braucht, um den Vorgang der Addition für sich im Kopf „klar“ zu haben
Kinder, die dann die Erfahrung machen, dass sie es nicht ohne Material schaffen, sollte man dann schrittweise mit den nachfolgenden Materialien vertraut machen, die einen immer abstrakteren Anspruch haben und sie so über die Materialarbeit zum Erfassen der abstrakten, schriftlichen Umsetzung unterstützen können.
Ein Material mit der nächsten Abstraktionsstufe, wäre das Markenspiel. Es vermittelt nicht mehr die konkrete Ausdehnung der Stellen E - Z - H - T, sondern die Stellenwerte sind nun nur noch in den Stellenwertfarben (grün /E-blau/Z-rot/H- grün /T) dargestellt und auf gleichgroße Holztäfelchen aufgedruckt. Dieses Material ist somit einerseits geeignet für Kinder, die eine schrittweise Heranführung an die abstrakte Umsetzung der Addition brauchen, als auch als Einstiegsmaterial für Kinder, die schon durchaus ein Verständnis für unsere Wertigkeiten der Stellen haben und nur noch etwas Materialunterstützung zur Festigung ihres Verständnisses für die Addition benötigen.
Die nächste Abstraktionsstufe bietet der Rechenrahmen, den es sowohl in der Ausführung für die ersten 4 Stellenwerte (E-Z-H-T) gibt, als auch mit 7 Stellenwerten vom Einer bis zu Million. Die Stellenwerte sind dabei ebenso wie beim Markenspiel in der entsprechenden Farbe dargestellt und am Rand zur Orientierung noch einmal aufgedruckt. Um mit diesem Material zu arbeiten, sollten Kinder schon über ein grundsätzlich abstraktes Wissen, die Addition und den Zehnerübergang betreffend, verfügen. Beliebt ist dieses Material auch, weil man damit sehr zügig die Addition umsetzen und ebenfalls wie beim goldenen Perlenmaterial, jeden Handgriff mit der schriftlichen Umsetzung verknüpfen kann. Somit bietet es vor allen Dingen motorisch „ungeduldigen“ Kindern eine angenehmere Handhabung.
Passend zu den Rechenmaterialien, gibt es verschiedene Arbeitsblätter, Lern- und Arbeitskarteien mit denen man vielfältig und unterschiedlich die Addition üben und vertiefen kann. Da diese Materialien alle in der Regel auf der Rückseite mit den Lösungen versehen sind, können die Kinder völlig selbstständig mit den Materialien die Addition üben. Sie sind deshalb auch nicht auf eine Rückmeldung der Lehrkraft angewiesen und somit in der Lage ganz autonom zu lernen.
Da in der Regel mit der Addition ins Rechnen eingestiegen wird, ist besonders wichtig sich zu vergewissern, dass die Kinder nicht nur ein Schema umsetzen, sondern mit einem Verständnis für die Addition Aufgaben unterschiedlichster Anforderungen und Aufgabenstellungen bewältigen können. Erst dann ist es ratsam die nächste Rechenart einzuführen.