SchülerInnen ohne Schulranzen

Als ich zum ersten Mal an einer Montessorischule arbeitete, wunderte ich mich, dass die meisten SchülerInnen in der Früh ohne Schulranzen zum Unterricht erschienen. Ich war eher das Bild eines zarten Grundschülers gewöhnt, der sich an seinem überdimensionierten Ranzen abschleppt. Warum gibt es dieses unschöne Bild nicht an Montessorischulen?

Schon bald erfuhr ich, warum MontessorischülerInnen oft außer einem kleinen Rucksack für die Brotzeit nichts mit in die Schule brachten. Erstens gibt es keine Hausaufgaben, die zuhause gemacht werden müssen. Und zweitens funktioniert der Unterricht bei Montessori ganz ohne Schulbücher. 

Warum brauchen Montessori-SchülerInnen keine Schulbücher?

In der Welt der traditionellen Bildung sind Schulbücher ein unverzichtbares Werkzeug, um Wissen zu vermitteln und den Unterricht zu strukturieren. Doch in Montessori-Schulen sieht die Sache ganz anders aus. Hier spielen Schulbücher eine untergeordnete Rolle oder werden sogar gänzlich vermieden. Warum ist das so? Warum brauchen Montessori-Schulen keine Schulbücher? Lassen Sie uns eintauchen und dieses faszinierende Konzept genauer betrachten.

Lernmaterialien

Die Montessori-Pädagogik basiert auf dem Prinzip des selbstbestimmten Lernens, bei dem Kinder ihre eigenen Interessen verfolgen und in ihrem eigenen Tempo lernen können. Anstatt starre Lehrpläne und vorgegebene Lehrmaterialien vorzugeben, bietet die Montessori-Methode den Kindern eine Vielzahl von Materialien und Aktivitäten, die sie frei erkunden können. Diese Materialien sind speziell entwickelt, um verschiedene Lernziele zu unterstützen und den Kindern ein hands-on Erlebnis zu bieten.

Ein zentraler Aspekt der Montessori-Pädagogik ist die Idee, dass Kinder durch konkrete Erfahrungen und praktisches Tun am besten lernen. Anstatt trockene Fakten aus Schulbüchern auswendig zu lernen, können die Kinder mit Montessori-Materialien wie dem Zählrahmen, dem Sandpapierbuchstaben-Set oder dem Geometrie-Material aktiv experimentieren und so ein tieferes Verständnis für die Materie entwickeln.

Kreativität

Darüber hinaus fördert die Vermeidung von Schulbüchern in Montessori-Schulen auch die Kreativität der Kinder. Anstatt sich strikt an vorgegebene Texte und Aufgaben zu halten, haben die Kinder die Freiheit, ihre eigenen Wege zu finden, um Probleme zu lösen und neue Zusammenhänge herzustellen. Dies stärkt ihr kritisches Denken und ihre Problemlösungsfähigkeiten auf nachhaltige Weise.

Individualisierung

Ein weiterer Grund, warum Montessori-Schulen keine Schulbücher benötigen, liegt in der individualisierten Lernumgebung dieser Einrichtungen. Da jedes Kind unterschiedliche Interessen, Stärken und Lerngeschwindigkeiten hat, ist es wichtig, dass der Unterricht flexibel gestaltet wird. Durch den Einsatz von vielfältigen Materialien und Aktivitäten können die Lehrkräfte in Montessori-Schulen gezielt auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Kindes eingehen und ihm eine maßgeschneiderte Lernerfahrung bieten.

Sachbücher werden eigeninitiativ genutzt

Der Verzicht auf Schulbücher, mit denen alle SchülerInnen arbeiten, bedeutet aber nicht, dass Montessorischulen ohne Lehrbücher auskommt. Es wäre ja schade, wenn sie den riesigen Bereich an großartiger Sachliteratur für Kinder nicht nutzen würden. Jede Klasse hat eine gemütliche Bücherecke, die gerne zum Lesen genützt wird. Dabei sind häufig gerade Sachbücher besonders beliebt, sei es über Dinosaurier, das Weltall, Indianer und viele andere spannenden Themen. Das Sachbuch wird bei Montessori nur individuell genützt. Es ist unglaublich, wie schnell sich 7-jährige detailliertes Fachwissen über Schlangen aneignen, wenn sie dabei ihren Pioneergeist entdecken und selbständig forschen dürfen.

Zusammenfassung

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Montessori-Schulen keine Schulbücher benötigen, weil sie auf einem ganzheitlichen Ansatz basieren. Hier stehen das selbstbestimmte Lernen, die praktischen Erfahrungen, Kreativität und Individualisierung im Mittelpunkt. Durch den Verzicht auf Schulbücher schaffen Montessori-Schulen eine inspirierende Lernumgebung, in der Kinder ihre Neugierde entfalten können und echte Begeisterung für das Lernen entwickeln. Es ist diese einzigartige pädagogische Philosophie, die Montessori-Schulen zu einem Ort macht, an dem Bildung nicht nur vermittelt wird, sondern auch wirklich erlebt wird.

Autorin: Marie Laschitz                                          Bildnachweis: Shutterstock/diignat