Maria Montessori, Religion und Kosmische Erziehung
Es überrascht kaum, dass Maria Montessori als Italienerin im ausgehenden 19. Jahrhundert eine gläubige Katholikin war. Jedoch verknüpfte sie ihren christlichen Glauben niemals untrennbar mit ihrer Pädagogik. Das unterscheidet die Reformpädagogin von dem Theosophen Rudolf Steiner. In den Steiner- oder Waldorfschulen spielen geistige oder spirituelle Wesen durchaus eine Rolle bei der Erziehung. Zwerge, Feen und Trolle besiedeln hier die Welt und helfen den Menschen bei ihren Aufgaben.
Maria Montessori ist da nicht so märchenhaft verträumt. Auch wenn sie selbst im Innersten an Gott glaubt, trennt sie ihren persönlichen Glauben stets von ihrer pädagogischen Arbeit. Das diese Pädagogik trotzdem nicht blutleer oder entseelt wirkt, verdanken wir dem kosmischen Weltbild Montessoris.
Sie vermittelt in ihrer „Kosmischen Erziehung“ ein Weltbild, das weit über unseren Alltag hinaus geht. Mit ihrem Material thematisiert Montessori zB unser Planetensystem, das ganze Erdzeitalter, das etwa 4,6 Milliarden Jahre umspannt oder die Entstehung des Lebens seit etwa 3,5 Milliarden Jahren. Dabei treibt sie nicht nur ein wissenschaftliches Interesse. Montessori hat erkannt, wie wichtig es für den Menschen und insbesondere für das Kind ist, sich in einem großen, geordneten Ganzen aufzuheben. Dabei hält sie sich mit theologischen Begriffen zurück, nur in ihren Schriften können wir lesen, wie sehr sie religiös geprägt war. Aber so lässt sie jedem Menschen die Freiheit, zu glauben, was er möchte. bietet trotzdem ihr kosmisches Weltbild Struktur, Ordnung, Unendlichkeit und vor allem den Sinn für etwas Höheres an.
Es erstaunt nicht, dass die Montessoripädagogik auch in ihrem Exil in Indien von den Einheimischen begeistert aufgegriffen wurde. Ist sie doch frei von einem religiösen Dogma und spricht alle Menschen gleichermaßen an.
Religion in der Kosmischen Erziehung
In einer abendländisch geprägten Kultur lässt sich das Thema „Religion“ natürlich nicht ganz ausschließen. Wenn wir den Jahreskreis durchnehmen, sind die christlichen Festtage und Feste einfach prägend und natürlich auch beliebt. Kinder wollen wissen, wie Jesus geboren wurde oder wie er starb. Wir erzählen diese Geschichten vielleicht ganz ohne Wertung. In unserer Zeit sind allgemeine religiöse Wahrheiten oder Werte einfach nicht mehr verbindlich. Auch wenn wir selbst vielleicht sogar Ressentiments gegen Glauben und Kirche in uns tragen, gehören religiöse Inhalte zu unserer Bildung dazu.
Jede Montessori-Einrichtung kann ganz klar selbst entscheiden, wie sie mit dem Thema „Religion“ umgeht. Die eine Kita setzt einen christlichen Schwerpunkt, eine andere Schule bietet einen interreligiösen Zugang an. Wie dieser aussehen kann, zeigt der nächste Abschnitt.
Meine Präsentation für das Montessori-Diplom
Zum Abschluss unserer Montessori-Ausbildung am Tegernsee 2011 bei Claus-Dieter Kaul präsentierten wir ein selbstentwickeltes Material. Ich entschied mich für ein interreligiöses Projekt. Perlen spielen in den meisten Religionen eine wichtige Rolle. Deshalb habe den Rosenkranz, die Mala und andere Perlenketten vorgestellt. Viele Religionen, eine Technik, eine spirituelle Quelle. Spannend, dass die Weltreligionen oft unabhängig voneinander ganz ähnliche Phänomene entwickelt haben.
Scheibe der 5 Weltreligionen
„Gott ist ein Kreis und sein Zentrum ist überall“
Augustinus
Die Kinder legen die entsprechen Namen zu den Symbolen der Weltreligionen. Dann suchen sie die passenden Entstehungszeiten, die Abbildungen und schließlich die Gebetsketten dazu.
Die fünf Weltreligionen in Stichpunkten:
Gebetsperlen und -ketten sind vermutlich ca. 8000 Jahre alt; ständige Präsenz des Göttlichen durch das Tragen der Kette; Taktung des Gebetes; Konzentrationshilfe
Hinduismus (ab 1800 v. Chr.):
Om: Ewiger Ur-klang, aus dem die Ur-Weltseele entsteht, Brahman; Wachen, Träumen und Tiefschlaf
Mala - 108 Perlen (1x2x2x3x3x3, 108 göttliche Namen)
„Ein Mantra ist eine in einer Klangeinheit eingeschlossene Gottheit.“ Sivananda
Verwandlung des physischen in einen spirituellen Körper durch das Rezitiere
Betender lässt Dualität hinter sich und kommt in ananda (glückseliger Zustand)
Judentum (ab 1400 v. Chr.):
Davidsstern: Durchdringen der sichtbaren und der unsichtbaren Welt;BundGottes mit dem Menschen
Tefillin: Lederriemen mit Lederkästchen, in denen sich Schriftrollen der Thora
(V Bücher Mose) befinden und die um die Arme und den Kopf gewickelt werden; Tefillin muss unversehrt sein, damit der göttliche Schutz gewährt ist
Buddhismus (ab 480 v. Chr.):
Das achtteilige Rad: das den achtfachen Pfad zur Erlösung symbolisiert;
Christentum (ab 30 n. Chr.):
Das Kreuz: Durch den Tod Christi am Kreuz verbinden sich Himmel (Vertikale) und Erde (Horizontale), Vierung des Kreises (vier Himmelsrichtungen, vier Elemente usw.)
Rosenkranz: ursprünglich aus Rosenblütenblättern, die 50 Jahre duften; durch die Anrufung des göttlichen Namens wird das Göttliche in uns wach; 150 Perlen (150 Psalmen) oder 50 Perlen;
Islam (ab 622 n. Chr.): Halbmond und Stern; Gründer des osmanischen Reiches. Osman I. sieht im Traum die Mondsichel, die sich von einem Ende der Erdezum anderen ausdehnte.
Tasbih: 99 Perlen stehen für die 99 Namen Allahs (z.B. der Gnadenreiche, Lebenserhalter, Bewusste;
den 100.ten Namen kennen nur die Kamele, darum gucken sie so hochmütig ;-)); Das Gebet ist
eine der fünf Säulen des Islam;
Die säkularisierte Variante der Perlenkette sind die Komboloi, die heute in der Türkei und in Griechenland gespielt
Weg der Gebetskette: Hinduismus - Buddhismus-Islam-Christentum
Spiel: 3 Perlen des Herzens:
Kind wählt ein farbiges Lederband, das seinen Lebensweg symbolisiert; daran hängt es für den heutigen Tag:
Die Perle des Lichts, die Perle des Schattens und die Perle der Ganzheit (Was war heute schön, was war heute schwierig, was ist größer als das Auf und Ab des Lebens??
Autorin: Marie Laschitz Bildrechte bei der Autorin