Musik ist etwas, das bei den Lehren von Maria Montessori nicht im Vordergrund steht. Ich habe mich deshalb für den heutigen Blogartikel auf eine kleine Spurensuche begeben. Denn wenn man genau hinsieht, dann ist bei Montessori durchaus viel Musik drin.
Ungefähr zeitgleich mit Entstehung der Montessoripädagogik ist die Musik langsam auf den deutschen Lehrplan gewandert. Der Anspruch: Im Musikunterricht soll ein ästhetisches Verständnis der Welt gefördert werden (was ein wenig an die kosmische Erziehung erinnert), außerdem ist das Erleben und Verstehen von Musik ein Ziel.
Unsere liebste Reformpädagogin betrachtete es als „eine der wichtigsten pädagogischen Aufgaben, dem Kind die Musik nahezubringen – ihm eine musikalische Umgebung zu schaffen“. Auch für Musikunterricht soll ein Mensch herangezogen werden, der „Musik gut wiedergibt, oder einfache, für Kinder geeignete Instrumente besitzt.“
Hierfür sind die Sinnesmaterialien ideal: Mit kleiner Harfe, Glocken, Klangstäben, Trommeln, Klangschalen oder einem Regenmacher können Kinder unterschiedliche Töne erforschen, einen Takt mitschlagen, Geschwindigkeitssteigerung erleben, erste musikalische Stücke erfinden oder Gesang begleiten.
Der Schlüssel für das Interesse an Musik liegt darin, dass Kinder schon im zartesten Alter von Musik umgeben sein sollten (nicht andauernd, aber zu gezielt ausgewählten Zeiten). Der absorbierende Geist des kleinen Kindes nimmt ja automatisch und nebenbei Reize auf und speichert sie ab; ganz von allein entwickelt sich so das musikalische Verstehen. Und welches Kind singt nicht gern die Lieder, die es schon hundert Mal gehört hat? Durch Wiederholung des Vertrauten und Liebgewonnenen festigt sich Gelerntes, und alle positiven Effekte der freien Wahl kommen zum Tragen.
Von der gegenteiligen Seite aus betrachtet wird das – mit Maria Montessoris Worten – noch deutlicher:
„Es ist die Aufgabe des Erziehers, dem Kind die Musik zu vermitteln. Dieser Aufgabe wird wohl nicht entsprochen, wenn man das kleine Kind, oft mit vielen Ermahnungen, dazu anhält, einem Instrument mit Mühe einige Töne zu entlocken.“
In der Freiwilligkeit liegt die Lernfreude begründet. Diese als Elternteil oder Lehrperson geschickt herbeizuführen, ist die große Kunst.
Im Montessoriunterricht wird gemeinsam gesungen, aber noch mehr Effekt hat die bei Montessori so stark geförderte Fähigkeit zur Selbsterziehung auf musikalische Tätigkeiten. Zum Beispiel beim Erlernen eines Instruments: Tiefe Konzentration, das schrittweise Erlernen von Bewegungsmustern, das sorgfältige Arbeiten mit einem Gegenstand und das Pflegen desselben – all das kennen Schülerinnen und Schüler, wenn sie bereits nach Montessori unterrichtet wurden.
Maria Montessori hebt übrigens auch die Rolle der Musik bei der Förderung von Jugendlichen heraus – mit der kann jungen Menschen eine besonders geeignete Form von persönlichem freiem Ausdruck ermöglicht werden. Sie betont aber auch, dass nicht nur das praktische Musizieren am Instrument als musikalische Bildung zählt, sondern Hinhören und Erleben genauso wertvoll sind.
Die abendländische Musik ist mittels festgesetzter Strukturen geregelt: Metrum, Tonhöhen, Intervalle, rhythmische Einheiten geben den Rahmen vor. Dies ist umso vertrauter, je besser mathematischer Geist und Sinn für Struktur und Ordnung bereits geschult sind.
Mein Fazit: Musikunterricht fügt sich ganz natürlich ins Montessori-Konstrukt ein, denn verschiedenste Montessori-Prinzipien bieten eine ausgezeichnete Grundlage für den Erwerb von musikalischen Fähigkeiten, und zahlreiche Lernmaterialien erleichtern schon in Kindergarten und Grundschule den Zugang zu Musik.
Shutterstock/SpeedKingz Autorin: Veronika Weiss