Inspirationen und Ideen zur Umsetzung der Montessori-Pädagogik im heimischen Kinderzimmer und in Kinderbeetreuungseinrichtungen gibt es zahlreiche. Neben der Lernumgebung und dem Lernbegleiter kommt dem Montessori-Material eine besonders wichtige Rolle zu. Heute möchten wir Ihnen deshalb basierend auf Maria Montessoris Werk „Die Entdeckung des Kindes“ fünf Kriterien vorstellen, mit deren Hilfe Sie klassisches Montessori-Material identifizieren können. Zu den fünf grundlegenden Eigenschaften eines jeden Montessori-Materials zählen die Isolierung der Schwierigkeit, Fehlerkontrolle, Ästhetik, Aktivität und Begrenzung:
1. Isolierung der Schwierigkeit
Maria Montessori legte großen Wert darauf, dass jedes Material nur eine einzige Schwierigkeit und Herausforderung für das Kind bereithält. „Es müssen Gegenstände vorbereitet werden, die untereinander völlig gleich sind, mit Ausnahme der sich ändernden Eigenschaft“1. Diese Klarheit der Gegenstände weckt Montessori zufolge das Interesse beim Kind nach Unterscheidung.
Beispiel: Soll ein Kind beispielsweise anhand von Farb-Täfelchen Farbnuancen kennen und unterscheiden lernen, so sind die äußere Form, das Gewicht und der Stoff aller Farb-Täfelchen gleich gestaltet – ausschließlich die Farbnuancen sind unterschiedlich.
2. Fehlerkontrolle
Jedes Montessori-Material schließt eine Fehlerkontrolle ein, die dem Kind selbstständiges Arbeiten ermöglicht und zudem die Korrektur und Bewertung durch den Erwachsenen bzw. Pädagogen ersetzt. „Die sachliche Fehlerkontrolle führt das Kind dazu, bei seinen Übungen überlegt, kritisch, mit einer Genauigkeit immer stärker interessierten Aufmerksamkeit, […] zu verfahren“2.
Beispiel: Übt sich ein Kind darin, unterschiedlich große Holz-Zylinder den Aushöhlungen eines Einsatzblockes zuzuordnen, so offenbart sich ihm von allein ein Fehler in der Zuordnung, wenn beispielsweise ein Holz-Zylinder nicht in eine Aushöhlung passt oder übrig bleibt.
3. Ästhetik
„Ein weiteres Merkmal der Gegenstände ist ihre Anziehungskraft“3. Montessori-Materialien sind hochwertig, ansprechend und harmonisch gestaltet. Sie laden das Kind förmlich ein, sie zu berühren und sich mit ihnen zu beschäftigen.
Beispiel: Die Kuben des Montessori-Turms sind aus massivem Holz gefertigt, das dem Kind schon beim Anfassens des Materials durch das Gewicht und die Oberflächenstruktur Wertigkeit vermittelt.
4. Aktivität
Jedes Montessori-Material lädt zur Aktivität des Kindes ein, welche in seiner Natur liegt. „Also, um eine Sache interessant zu machen, genügt es nicht, dass sie von sich aus interessant ist, sondern sie muss dem Tätigkeitsdrang des Kindes angemessen sein“4. Das Montessori-Material darf mit all seinen Einzelteilen vom Kind berührt und bewegt werden und verbirgt keine zerbrechlichen Teil-Stücke.
Beispiel: Gleich, ob am Boden liegend, am Tisch sitzend oder stehend – das Kind kann die Anzieh-Rahmen zum Üben verschiedener Kleidungsverschlüsse in seiner Wunsch-Haltung gebrauchen.
5. Begrenzung
Sowohl in den eigenen vier Wänden, als auch in der Fremdbetreuung ist es in Maria Montessoris Sinne, jedes Entwicklungsmaterial nur einmal zur Verfügung zu stellen und insgesamt nur eine ausgewählte Anzahl an unterschiedlichen Materialien anzubieten. „In der Begrenzung der Hilfsmittel, die das Kind dazu führen, Ordnung in seinen Geist zu bringen, und ihm das Verständnis der unendlich vielen Dinge erleichtern, die es umgeben, liegt das höchste Erfordernis […]“5.
Beispiel: Sind anstelle einer x-beliebigen Menge an Materialien nur die an seinen Interessen orientierten Materialien in der Lernumgebung platziert, wird es dem Kind ermöglicht, sich intensiv mit den einzelnen Materialien auseinander zu setzen. Das begünstigt die so genannte „Polarisation der Aufmerksamkeit“ – das konzentrierte Arbeiten eines Kindes bis hin zum völligen Aufgehen in einer Tätigkeit.
Nachweise:
1-5 Maria Montessori, Die Entdeckung des Kindes, Freiburg 2010, S. 123-127.
Autorin: Silvia Löwenstein