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Montessori Pädagogik

Endet Montessoripädagogik nach der Grundschule?

4 May, 2022

Endet Montessoripädagogik nach der Grundschule?

Viele Menschen denken bei Montessori zuerst an den Rosa Turm oder an das Perlenmaterial. Im allgemeinen Bewusstsein sind es tatsächlich die Kindergarten- und Grundschulmaterialien, durch die Montessoripädagogik hauptsächlich bekannt sind.

Es ist richtig, dass besonders das Montessori-Material in Kindergarten und Grundschule eine wesentliche Rolle spielt. Doch Montessori endet nicht mit dem Ende der 4. Klasse. Die Pädagogik ändert sich, sie passt sich den heranwachsenden SchülerInnen mit all ihren Bedürfnissen an, aber sie bleibt: Unverfälschte Montessoripädagogik bis hin zum Abitur.

Diese 7 Kriterien zeigen, dass sich Montessori-Pädagogik keineswegs nur auf Kindergarten und Grundschule beschränkt, sondern wesentlich weiter zu fassen ist.

 

  • Montessori-Klassen sind altersübergreifend. Gewöhnlich werden immer drei Klassenstufen zu einer Klassengemeinschaft zusammengelegt. Erste, zweite und dritte Klasse lernen als Primarstufe zusammen, vierte, fünfte und sechste Klasse werden als Sekundarstufe zusammengefasst usw. Es wäre unsinnig, einen Teil der Kinder mit und einen Teil ohne Montessoripädagogik zu unterrichten.

 

  • Es gibt Montessori-Oberschulen bis zur 12. Klasse. Die SchülerInnen werden dort intensiv auf das Abitur vorbereitet, die Abiturprüfung selbst absolvieren sie extern an einer staatlichen Schule. In dem Klassenzimmer einer Montessori-Oberstufe findet sich kaum noch typisches Montessori-Material. Denn das Material ist ja nur Mittel zum Zweck. Hat es seinen Zweck erfüllt, hat es Lerninhalte vermittelt, ist es überflüssig geworden. Ein Schüler, der die schriftliche Division beherrscht, braucht kein Divisionsbrett mehr. 

 

  • Auch in der Oberstufe gibt es keinen Frontal-Unterricht. Die Bänke sind zwanglos angeordnet, Besprechungen finden meist auf dem großen, runden Teppich statt. Rituale wie Morgenkreis oder Abschiedsrunde werden genauso praktiziert wie in den unteren Klassen.

 

  • Ein Montessori-Lehrer hat allen SchülerInnen dieselbe Haltung gegenüber. Montessori ist nicht nur Material oder Pädagogik aus dem Lehrbuch. Montessori ist eine zutiefst menschliche und ganzheitliche Sichtweise der Welt, die nicht ab einem bestimmten Alter endet. Die wertschätzende und zugewandte Haltung eines Montessoripädagen ist unabhängig von der Klassenstufe.

 

  • Kinder, die ihre ersten Schuljahre an einer Montessori-Schule erlebt haben, werden selbstverständlich auch in den oberen Klassen einfordern, was die Montessori-Pädagogik ihnen gelernt hat. Von Mitgestaltung über Entscheidungsfreiheit bis hin zu Verantwortungsbewusstsein haben sich in den ersten Schuljahren Werte entwickelt und verinnerlicht, die auch das Miteinander in der Oberstufe prägen werden.

 

  • Das Projekt „Erdkinderplan“ wurde von Maria Montessori speziell für Heranwachsende entwickelt. Es macht einfach keinen Sinn, Pubertierende rein kognitiv zu fordern. Nachweislich finden bei jungen Menschen zwischen 12 und 16 Jahren neuronale Umbau-Prozesse im Gehirn statt, so dass die Hirn-Leistungen in diesem Alter tatsächlich eingeschränkt sind. Dazu kommt eine natürliche Ablehnung gegen die Welt der Erwachsenen. Pubertierende müssen ihren eigenen Weg ins Leben finden. Der Erdkinderplan sieht vor, Kinder ab ungefähr 12 Jahren aus dem normalen Schulbetrieb herauszunehmen und ihnen handwerkliche, soziale oder kaufmännische Aufgaben anzuvertrauen. Die Jugendlichen lernen so Selbständigkeit, Teamwork und Verantwortungsgefühl.

 

  • Jeder Montessori-Schüler beendet die 9. Klasse mit einer Großen Montessori-Abschlussarbeit. Vom Ballkleid bis zum Tiny House, vom eigenen Theaterstück bis zur selbstgebauten Geige – die Ideen der SchülerInnnen sind fantastisch und die Ausführung meistens großartig. Den individuellen Begabungen Raum geben und den SchülerInnen bei der Verwirklichung ihrer Träume helfen – auch das ist Montessori.

 

Montessori denkt nicht in engen Grenzen. Es ist ein ganzheitliche Pädagogik, die das einzelne Kind in den Mittelpunkt stellt. So eine Pädagogik endet nicht am Übertritt von der 4. In die 5. Klasse. Richtig verstanden, wirkt sie sich sogar positiv auf die Elternarbeit und den kollegialen Umgang aus. Der Mensch, jeder Mensch, steht im Mittelpunkt.

Autorin: Marie Laschitz                                                                                Bildnachweis: Shutterstock/insta_photos

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