Es ist Elternabend in der Lapislazuli-Klasse. Um die Eltern mit ihrem Lernstoff vertraut zu machen, haben die SchülerInnen das Schwarze Band durch mehrere Räume trappiert und mit allen möglichen Urtieren bestückt. Jedes Kind übernimmt einen Abschnitt der Vorgeschichte, den es den Eltern vorstellt. Väter und Mütter werden so zu Lernenden, SchülerInnen zu Lehrenden. Für die Kinder der Grundstufe eine Erfahrung, die sie stolz macht. Aber auch die Eltern sind stolz - auf ihre Kinder.
Als Vater oder Mutter eines “Montessorikindes” können sie immer wieder erneut die Erfahrung machen, intensiv in den Alltag der Einrichtung miteingebunden zu werden. Montessori arbeitet ganzheitlich. Das bedeutet, dass Einrichtung und Elternschaft eine Einheit bilden. Hier sind einige Aspekte, die diese Zusammengehörigkeit verdeutlichen:
Partizipation-Einbeziehung in den Bildungsprozess:
In einer Montessori-Einrichtung werden Eltern aktiv in den Bildungsprozess ihrer Kinder einbezogen. Sie haben die Möglichkeit, an Elternabenden, Workshops und Veranstaltungen teilzunehmen, um mehr über die Montessori-Pädagogik zu erfahren und sich mit anderen Eltern auszutauschen. Dazu zählen Vorträge über Kinder mit besonderen Bedürfnissen genauso wie ein Wochenende bei einem Montessori-Ausbilder. Eltern lernen hier nicht nur etwas über ihre Kinder, sondern auch über sich selbst. Sehr oft verstehen die Eltern zum ersten Mal, was etwa bei Multiplikation oder Division wirklich geschieht. “Wenn mir das damals nur jemand so erklärt hätte!” seufzen viele Eltern. Zugleich sind sie erleichtert zu sehen, dass nicht sie zu blöd für Mathe sind, sondern es an der Vermittlung haperte.
Transparenz und offene Kommunikation:
Montessori-Einrichtungen legen großen Wert auf eine offene und transparente Kommunikation zwischen Eltern, Lehrkräften und der Schulleitung. Sie können regelmäßige Gespräche mit den Lehrkräften Ihres Kindes führen, um über den Lernfortschritt, individuelle Bedürfnisse und eventuelle Anliegen zu sprechen. Die Sicht der PädagogInnen auf das Kind sollte dabei stets wertschätzend und ressourcenorientiert sein. Jedes Kind wird an seinen eigenen Möglichkeiten gemessen und gefördert.
Unterstützung bei der Umsetzung von Montessori zu Hause:
Die Lehrkräfte in einer Montessori-Einrichtung stehen Ihnen gerne zur Seite, um Ihnen Tipps und Anregungen zu geben, wie Sie die Prinzipien der Montessori-Pädagogik auch zu Hause umsetzen können. Sie erhalten Informationen darüber, wie Sie eine vorbereitete Umgebung schaffen, altersgerechte Aktivitäten anbieten und die Selbstständigkeit Ihres Kindes fördern können. So werden PädagogInnen bei Schwierigkeiten auch mal nach Hause eingeladen, um vor Ort Verbesserungen für den Alltag mit dem Kind schaffen zu können. Zum Beispiel der Aspekt Medien kann gut vor Ort optimiert werden, indem eine medienfreie Kuschel- und Leseecke angeregt wird.
Einblick in den Lernprozess Ihres Kindes:
In einer Montessori-Einrichtung wird der Lernfortschritt jedes Kindes individuell verfolgt und dokumentiert. Sie als Eltern erhalten regelmäßig Einblicke in die Entwicklung Ihres Kindes durch Beobachtungen, Berichte und Portfolio-Arbeiten. Dies ermöglicht es Ihnen, das Wachstum und die Fortschritte Ihres Kindes nachzuvollziehen. Statt Noten gibt es Entwicklungsbögen, in denen sich das Kind auch selbst einschätzen lernt. Der Fokus liegt nicht auf der Bewertung, sondern auf den Möglichkeiten zur Unterstützung.
Gemeinschaftsgefühl und Zusammenarbeit:
In einer Montessori-Einrichtung herrscht oft ein starkes Gemeinschaftsgefühl, das auf gegenseitigem Respekt, Vertrauen und Zusammenarbeit basiert. Als Eltern haben Sie die Möglichkeit, sich aktiv am Schulleben zu beteiligen, sei es durch ehrenamtliche Tätigkeiten, Elterninitiativen oder gemeinsame Veranstaltungen. Ohne die engagierte Arbeit der Eltern wären viele Einrichtungen weder so schön ausgestattet, noch so aktiv. Neigungsgruppen engagieren sich für die Einrichtung, die nächste Schulparty oder einen gemeinsamen Wandertag. Das ist natürlich einerseits praktisch für die Einrichtung, entspricht andererseits aber auch dem Ideal, das Eltern ihre Kinder nicht einfach an der Pforte einer Einrichtung abgeben. Das Interesse der Eltern für ihre Kinder ist für diese von immenser Bedeutung. Dazu möchte Montessori ermutigen.
Insgesamt erwartet Sie als Vater oder Mutter in einer Montessori-Einrichtung eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Lehrkräften und anderen Eltern, um das Wohl und die Entwicklung Ihres Kindes bestmöglich zu unterstützen. Durch die ganzheitliche Betrachtung des Kindes und die Förderung von Selbstständigkeit, Eigenverantwortung und sozialen Kompetenzen wird Ihr Kind in einer liebevollen Umgebung gefördert und begleitet.
Autorin: Marie Laschitz Bildnachweis: Shutterstock/Rawpixel.com